Erwachsenenschutz

Allgemeine Informationen zum Erwachsenenschutzrecht

Das neue Erwachsenenschutzrecht ist seit 1.7.2018 in Kraft.

Es ersetzt das Sachwalterrecht und soll die Verpflichtungen aus der UN-Behinderten­rechts­konvention besser umsetzen. Danach ist dafür zu sorgen, dass Personen mit intellektueller Beeinträchtigung ihr Leben so weit als möglich nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten können.

Daraus ergeben sich folgende Grundsätze, die in allen Bereichen zu beachten sind:

1. Unterstützung VOR Vertretung: Eine Vertretung kommt nur in Frage, wenn die betroffene Person das selbst wünscht, oder wenn sie auch mit Unterstützung nicht selbst entscheiden kann oder wenn eine solche Unterstützung nicht zur Verfügung steht.

2. Selbstbestimmung TROTZ Vertretung: Die vertretene Person kann auch im Wirkungsbereich der Erwachsenenvertretung selbst rechtsgültig handeln, wenn sie in der konkreten Situation entscheidungsfähig ist.

3. Einbeziehung DURCH Vertretung: „Nichts über uns ohne uns!“ – Die vertretene Person ist über alle geplanten Vertretungshandlungen zu informieren und ihre Wünsche sind zu beachten.

 

Entscheidungsfähigkeit

Die zentralen Fragen, ob in einer konkreten Situation eine Vertretungshandlung überhaupt zulässig ist, haben immer zu lauten:

Ist die betroffene Person selbst ausreichend entscheidungsfähig, um in der konkreten Situation für sich selbst rechtsgültig zu handeln? Kann eine hinreichende Entscheidungsfähigkeit mit entsprechender Unterstützung erreicht werden?

Wenn nämlich die betroffene Person die nötige Entscheidungsfähigkeit selbst besitzt oder mit Unterstützung erlangen kann, dann entscheidet die Person grundsätzlich selbst. Eine Vertretungshandlung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich und somit auch nicht zulässig.

Entscheidungsfähigkeit liegt vor, wenn eine Person

- zumindest in Grundzügen versteht, dass sie etwas tun oder auch unterlassen kann und welche Folgen das hat,
- ihren Willen danach richten kann und
- sich entsprechend verhalten beziehungsweise ihren Willen ausdrücken kann.

Im Zweifel wird bei volljährigen Personen vermutet, dass entsprechende Entscheidungsfähigkeit gegeben ist. Wer sich darauf beruft, dass die Entscheidungsfähigkeit in der konkreten Situation fehlt oder gefehlt hat, muss das beweisen.

 

Vertretungsfeindliche Bereiche

Unabhängig vom Vorliegen einer Entscheidungsfähigkeit gibt es sogenannte „höchstpersönliche Angelegenheiten“, in denen ausschließlich die betroffene Person für sich selbst Entscheidungen treffen darf. Eine Vertretung in diesen Angelegenheiten ist ausgeschlossen. Zu diesen Angelegenheiten zählen zum Beispiel:

- Eheschließung
- Errichtung eines Testaments
- Errichtung einer Patientenverfügung
- Errichtung einer Vorsorgevollmacht
- Adoption eines Kindes
- Anerkennung der Vaterschaft

 

Geänderte Grundsätze der Vertretung

Information und Vertretung:

Die vertretene Person ist nach den neuen Regelungen über ALLE beabsichtigten Entscheidungen und Vertretungshandlungen zu informieren, nicht mehr nur über „wichtige“.

Wünsche der vertretenen Person:

Früher lautete die Regelung, Wünsche der vertretenen Person können übergangen werden, wenn diese ihrem Wohl weniger entsprechen als die von dem/der Vertreter*in beabsichtigte Maßnahme. Dabei kam aber die Beurteilung darüber, was dem Wohl der vertretenen Person besser entspricht, regelmäßig dem/der Vertreter*in zu. Diese Regelung wurde geändert.

Neu: Der/die Vertreter*in hat sich darum zu bemühen, herauszufinden, was sich die vertretene Person wünscht und sich nach Möglichkeit danach zu richten. Von der vertretenen Person geäußerte Wünsche dürfen nur dann übergangen werden, wenn durch die Erfüllung das Wohl der vertretenen Person erheblich gefährdet wäre. Eine erhebliche Gefährdung ist aber nur dann anzunehmen, wenn durch die Erfüllung des Wunsches ein wesentlicher finanzieller oder gesundheitlicher Schaden entstehen würde. Eine erhebliche Gefährdung darf nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Wunsch nicht objektiv vernünftig oder nachvollziehbar erscheint.

Vertretungsentscheidungen zu persönlichen Kontakten:

Persönliche Kontakte der vertretenen Person dürfen durch Vertreter*innen ausschließlich dann und nur soweit eingeschränkt werden, als das Wohl der betroffenen Person durch den Kontakt erheblich gefährdet wäre.

Vertretungshindernis:

Jemand, der in einem Abhängigkeitsverhältnis oder einer vergleichbar engen Beziehung zu einer Einrichtung steht, von der die betroffene Person betreut wird, darf diese Person nicht vertreten, sondern nur unterstützen. Das betrifft nicht mehr nur die gerichtliche Erwachsenenvertretung, sondern alle Formen der Vertretung, auch die Vorsorgevollmacht.

Zusammenfassend ist also zu beachten:

Keine Erwachsenenvertretung kommt in Frage, wenn eine volljährige Person
- bei wichtigen Angelegenheiten ausreichend unterstützt wird, um entscheidungsfähig zu sein, oder
- selbst durch eine Vorsorgevollmacht für ihre Vertretung gesorgt hat.

Erwachsenenvertretung ist nur dann zulässig, wenn

- die erwachsene Person auch mit Unterstützung nicht selbst entscheiden kann oder
- eine entsprechende Unterstützung nicht zur Verfügung steht.

Auch die Familie gilt in erster Linie als Unterstützungsmöglichkeit!

Wenn eine Vertretung notwendig ist:

Vertreter*innen haben die Pflicht, sich darum zu kümmern, dass die vertretene Person ihr Leben so weit als möglich nach eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten kann!

 

Weitere Pflichten des/der Vertreter*in

Persönlicher Kontakt: mindestens 1 Mal im Monat

Verschwiegenheitspflicht: Informationen über die vertretene Person dürfen grundsätzlich nur ans Pflegschaftsgericht gegeben werden, außer

- die vertretene Person ist mit einer Auskunftserteilung einverstanden, wofür aber Entscheidungsfähigkeit Voraussetzung ist.
- wenn für die betroffene Person eine Verpflichtung zur Auskunft besteht (z.B. Einkommen an Finanzamt).
- wenn die Auskunftserteilung wichtig für die betroffene Person ist (z.B. bei Antragstellung auf Pflegegeld).

Auskunftspflicht: Die neuen Regelungen sehen in sehr eingeschränktem Umfang eine Auskunftspflicht vor

- gegenüber Ehepartner*in/Lebensgefährt*in, Eltern und Kindern,
- über allgemeine Befindlichkeit, Wohnort und den Umfang der Vertretungsbefugnis. 

Ausnahme: wenn die vertretene Person das nicht will oder es nicht gut für sie wäre.

Berichtspflichten und Rechnungslegung: Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Vertretungstätigkeit sind alle Erwachsenenvertreter*innen mit Ausnahme der Vorsorgebevollmächtigten verpflichtet, dem Pflegschaftsgericht regelmäßig über Lebenssituation und finanzielle Situation der vertretenen Person zu berichten. Dazu dienen der Lebenssituationsbericht und die Pflegschaftsrechnung.

HINWEIS: Die gerichtliche Kontrolle der Vermögensverwaltung durch nahe Angehörige als Erwachsenenvertreter*innen wurden deutlich erleichtert. (Nähere Information dazu siehe Rubrik „Vermögensverwaltung“ unter „Erleichterungen für nahe Angehörige“)

Lebenssituationsbericht: Dieser Bericht ist jedenfalls zu Beginn der Vertretungstätigkeit und in der Folge jährlich (meist am Ende des Jahres) dem Gericht vorzulegen und sollte folgende Informationen enthalten:

- Gestaltung und Häufigkeit der persönlichen Kontakte
- Wohnort der vertretenen Person
- Geistiges und körperliches Befinden der vertretenen Person
- Auflistung und Beschreibung der im vergangenen Jahr besorgten und im kommenden Jahr zu besorgenden Angelegenheiten.

Das Gericht kann dem/der Vertreter*in jederzeit den Auftrag für einen solchen Bericht erteilen, es kann die Berichtspflicht aber auch einschränken.

Pflegschaftsrechnung: Der/die Vertreter*in im Bereich Vermögensverwaltung hat dem Gericht zur Kontrolle seiner/ihrer Tätigkeit Antrittsrechnung, laufende Rechnung in vom Gericht festgelegten Zeitabständen und Schlussrechnung vorzulegen. (Nähere Information dazu siehe Rubrik „Vermögensverwaltung“ unter „Erleichterungen für nahe Angehörige“)

 

Aufwandersatz für die Vertretung:

Für die Vertretung volljähriger Personen steht bei jeder Vertretungsart Aufwandersatz zu, wenn und soweit dadurch nicht zu wenig Geld für die Lebensbedürfnisse der vertretenen Person verbleiben würde.

Auch bei der gewählten und der gesetzlichen Erwachsenenvertretung kann demnach Ersatz für im Rahmen der Vertretung getätigte Auslagen und für eine auf die Vertretung bezogene Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden.

Bei der Vorsorgevollmacht gilt: ohne Vereinbarung keine Entlohnung; notwendiger und nützlicher Aufwand ist aber zu ersetzen.

Bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kommt zusätzlich ein gewisser Anteil von Einkommen und Vermögen in Betracht, wobei das Gericht darauf zu achten hat, dass es nicht zu überzogenen Forderungen kommt.

 

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Notwendigkeit der Reform

Die gesetzlichen Änderungen wurden notwendig, weil unter dem vorangegangenen Sachwalterrecht einige sehr problematische Entwicklungen sichtbar wurden.

Die Sachwalterschaft wurde als nur im äußersten Notfall einzusetzender Nachfolger der Vormundschaft eingeführt. Die horrende Zahl von zuletzt mehr als 60 000 Personen unter Sachwalterschaft bedeutete aber eine Verdoppelung im Vergleich zum Zeitpunkt ihrer Einführung und erweckte den Eindruck, dass die Sachwalterschaft entgegen der ursprünglichen Absicht als Allheilmittel verstanden wurde.

Dazu kommt, dass die Hälfte der Sachwalterschaften nicht etwa für einzelne Angelegenheiten oder für bestimme, abgegrenzte Wirkungsbereiche (z.B. Vertretung vor Gerichten, Ämtern und Behörden oder bei medizinischen Angelegenheiten oder zur Verwaltung von Einkommen und Vermögen) eingerichtet wurden, sondern gleich für „alle Angelegenheiten“.

Gleichzeitig war aber festgelegt, dass die vertretene Person automatisch keine Handlungsfähigkeit im gesamten Umfang des Wirkungsbereichs der Sachwalterschaft hatte. Da damit die betroffene Person nicht mehr rechtswirksam für sich selbst handeln konnte, kam eine solche Sachwalterschaft für alle Angelegenheiten einer totalen Entmündigung gleich.

In weiterer Folge kam es immer wieder zu Beschwerden an die Volksanwaltschaft, vor allem wegen Problemen wie:

Sachwalter*innen, die kaum jemals Kontakt zu den vertretenen Personen suchten und für diese bei Notwendigkeit auch kaum erreichbar waren.

Sachwalter*innen, die nicht ausreichend Geld zur Verfügung stellten, sodass die vertretene Person selbst bescheidene persönliche Bedürfnisse nicht befriedigen konnte, obwohl ausreichend Geld vorhanden gewesen wäre.

Angehörige, die keinerlei Information bekamen, unabhängig davon, ob das dem Wohl und dem Willen der vertretenen Person entsprochen hätte oder nicht.

Außerdem entstand zu Recht der Eindruck, es sei so gut wie unmöglich, eine einmal eingerichtete Sachwalterschaft wieder loszuwerden. Und zwar unabhängig davon, ob die Vertretung überhaupt oder in diesem Umfang (noch) notwendig war.

All diese Umstände begründeten eine eindeutige Unvereinbarkeit mit der in Österreich 2008 in Kraft getretenen UN-Behinderten­rechts­konvention.

Der österreichische Gesetzgeber hat darauf reagiert und einen umfassenden Reformprozess eingeleitet. Am Entstehen der neuen Regelungen haben mitgewirkt: Sachwaltervereine, Vertreter*innen der Rechtsberufe (Notar*innen, Rechtsanwälte*innen und Richter*innen), Vertreter*innen der rechtswissenschaftlichen Fakultäten, die Volksanwaltschaft, die Sozialpartner, die Länder, aber vor allem auch vom Sachwalterrecht selbst betroffene Menschen als „Selbstvertreter*innen“, ihre Interessenvertretungen sowie Einrichtungen zur Betreuung und Pflege psychisch kranker oder intellektuell beeinträchtigter Menschen.

Im Resultat kam es dann zu einem Ausbau der Vertretungsmöglichkeiten, um für jede betroffene Person die möglichst passende Vertretungsform finden zu können. Zudem wurde mit den neuen Regelungen dafür Sorge getragen, dass Vertretung nur in dem Umfang eingerichtet wird, der erforderlich ist. Außerdem wurden zeitliche Befristungen vorgesehen und der mögliche Wirkungsbereich eingeschränkt. Es gibt keine Vertretungsform mehr, die sich quasi „in einem Aufwaschen“ über alle Angelegenheiten erstreckt.

 

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Vertretungsmöglichkeiten neu

Um für jede betroffene Person die möglichst passende Vertretungsform anbieten zu können, gibt es nun 4 Vertretungsmöglichkeiten:

- Vorsorgevollmacht
- Gewählte Erwachsenenvertretung
- Gesetzliche Erwachsenenvertretung
- Gerichtliche Erwachsenenvertretung

Zudem besteht die Möglichkeit, eine Erwachsenenvertreterverfügung zu errichten. Diese löst die bisherige Sachwalterverfügung ab.

Informationen dazu, wie und mit welchen zeitlichen Fristen der Übergang vom alten Sachwalterrecht zu den neuen Regelungen gesetzlich festgelegt ist sowie über den zuständigen Erwachsenenschutzverein finden Sie ebenfalls auf dieser Seite.

 

Die neuen Vertretungsmöglichkeiten

Die Vorsorgevollmacht

Bei der Vorsorgevollmacht regelt die voll entscheidungsfähige Person ihre Vertretung selbst für den Fall, dass sie diese einmal brauchen sollte. Neu ist, dass zur Wirksamkeit die Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (= ÖZVV) erforderlich ist. Die Eintragung erfolgt mit der schriftlichen Errichtung der Vollmacht bei einem/einer Notar*in, Rechtsanwält*in oder beim Erwachsenenschutzverein. Tritt später der „Vorsorgefall“ ein, muss auch dieser eingetragen werden, damit die Vertretungsbefugnis rechtswirksam wird.

Der Wirkungsbereich der Vorsorgevollmacht ist Vereinbarungssache. Auch gilt die Vollmacht unbefristet, weil ihre Errichtung auf dem freien eigenen Willen der vollmachtgebenden Person beruht. Zur Beendigung ist jederzeit ein Widerruf möglich, dieser muss aber ebenfalls im ÖZVV registriert werden.

Nur ganz wenige Entscheidungen im vereinbarten Wirkungsbereich der Vorsorgevollmacht bedürfen einer gerichtlichen Genehmigung. So zum Beispiel bei der Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung, wenn sich Uneinigkeit zwischen bevollmächtigter und vertretener Person zeigt. Oder auch, wenn der Wohnsitz der vertretenen Person dauerhaft ins Ausland verlegt werden soll.

Anders als bei den anderen Vertretungsformen ist bei der Vorsorgevollmacht auch eine Bevollmächtigung von mehr als einer Vertretungsperson für denselben Wirkungsbereich möglich. In einem solchen Fall empfiehlt sich aber, eine Vorgehensweise festzulegen für den Fall, dass Uneinigkeit zwischen den Bevollmächtigten besteht. Ansonsten müsste das Gericht entscheiden.

 

Die gewählte Erwachsenenvertretung

Die gewählte Erwachsenenvertretung ist eine gänzlich neue Vertretungsform. Damit soll auch Menschen mit geminderter Entscheidungsfähigkeit ermöglicht werden, ihre Vertretung selbst zu wählen. Die betroffene Person muss dazu aber zumindest in Grundzügen verstehen, was Vertretung bedeutet, und sich entsprechend verhalten können. Das heißt, sie muss hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen können, dass sie eine Vertretung in diesem Bereich durch die bezeichnete Person wünscht.

Es können auch verschiedene Personen zur Vertretung in unterschiedlichen Vertretungsbereichen gewählt werden. Mehrere vertretende Personen für denselben Wirkungsbereich sind aber nicht zulässig. Auch diese Vertretung braucht zur Wirksamkeit die Registrierung im ÖZVV.

Da die gewählte Erwachsenenvertretung auf – wenn auch geminderter – eigener Entscheidungsfähigkeit beruht, gilt auch sie unbefristet. Widerruf ist unter denselben Voraussetzungen wie bei der Vorsorgevollmacht jederzeit möglich.

Gewählte Erwachsenenvertreter*innen unterliegen der gerichtlichen Kontrolle in Bezug auf Lebenssituation und Finanzen. Wichtige Entscheidungen wie zum Beispiel dauerhafter Wohnortwechsel (auch im Inland) oder Vermögensentscheidungen im außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb benötigen eine gerichtliche Genehmigung. Zum außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört zum Beispiel: Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften; Gründung, Erwerb oder Veräußerung eines Unternehmens; Erbrechtsverzicht usw.

 

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung

Als Weiterentwicklung der bisherigen Vertretungsbefugnis naher Angehöriger kommt diese Vertretungsform nur in Frage, wenn die betroffene Person ihre Vertretung nicht mehr selbst bestimmen kann und auch nicht mittels Vorsorgevollmacht festgelegt hat.

WICHTIG: Die Vertretungsbefugnis naher Angehöriger war früher schon allein aufgrund des Gesetzes wirksam. Das hat sich geändert! Seit 1.7.2018 haben auch nahe Angeghörige nur dann Vertretungsbefugnis, wenn diese im ÖZVV registriert wurde. 

Neu ist auch die Erweiterung des für die Vertretung in Frage kommenden Angehörigenkreises. Zuvor konnten sich nur Eltern, volljährige Kinder und Ehepartner*in bzw. Lebensgefährt*in auf die Vertretungsbefugnis berufen. Nun können sich zusätzlich Großeltern, volljährige Enkelkinder, Geschwister, Nichten und Neffen als gesetzliche Erwachsenenvertreter*innen eintragen lassen. Darüber hinaus kann das auch eine in einer Erwachsenenvertreterverfügung bezeichnete Person.

Mit der verpflichtenden Registrierung im ÖZVV wurden auch die möglichen Vertretungsbefugnisse erweitert. Zuvor waren davon im Wesentlichen nur umfasst:

- die Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs,
- die Geltendmachung von Ansprüchen wie z.B. Pflegegeld oder Gebührenbefreiungen,
- eine eingeschränkte Befugnis zur Zustimmung zu medizinischen Behandlungen (nur soweit daraus keine schweren Folgen zu erwarten waren).

Bei der erweiterten Vertretungsbefugnis wird nun zum Beispiel nicht mehr unterschieden, ob es sich bei einer medizinischen Behandlung um einen schweren Eingriff handelt. Auch eine Zustimmung zu solchen Eingriffen ist nun von der Vertretungsbefugnis umfasst, soweit darüber nicht erkennbar Uneinigkeit zwischen Vertreter*in und der vertretenen Person besteht. Zudem unterliegen im Bereich der Vermögensverwaltung nur mehr Entscheidungen im außerordentlichen Wirtschaftsbereich der Pflicht zur gerichtlichen Genehmigung.

Dafür unterliegt aber die Vertretung der gerichtlichen Kontrolle. Diese Kontrolle sieht aber für nahe Angehörige als Vertreter*innen im Bereich der Vermögensverwaltung Erleichterungen vor. (Nähere Information dazu siehe Rubrik „Vermögensverwaltung – Gerichtliche Kontrolle“).

Die gesetzliche Vertretung muss spätestens alle 3 Jahre verlängert werden. Dabei wird überprüft, ob und wie weit die Vertretung weiterhin erforderlich ist. Außerdem kann die vertretene Person dagegen Widerspruch erheben, der wirksam wird, sobald er im ÖZVV eingetragen ist. Entscheidungsfähigkeit braucht es dazu nicht, die vertretene Person muss lediglich hinlänglich deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie die Vertretung in der gegebenen Form nicht wünscht. Sie kann sich dazu auch einer Unterstützung bedienen, solange erkennbar bleibt, dass der Widerspruch dem tatsächlich eigenen Willen der vertretenen Person entspricht.

 

Die gerichtliche Erwachsenenvertretung

Sozusagen als letztes Mittel löst sie die bisherige Sachwalterschaft ab und darf ausschließlich dann bestellt werden, wenn keine der oben genannten Vertretungsformen in Frage kommt. Daher muss vor einer gerichtlichen Bestellung ein verpflichtendes Clearing durchgeführt werden. Das Clearing erfolgt durch den zuständigen Erwachsenenschutzverein. Es dient zur Abklärung des erforderlichen Umfangs einer Vertretung und zur Auslotung möglicher Alternativen zur gerichtlichen Bestellung.

Diese Vertretung kann im Unterschied zur früheren Sachwalterschaft nicht mehr für „alle Angelegenheiten“ bestellt werden, sondern für genau definierte Wirkungsbereiche. Sie unterliegt der gerichtlichen Kontrolle und gilt immer nur für maximal 3 Jahre. Danach muss überprüft werden, ob und in welchem Umfang weiterhin eine Vertretung nötig ist bzw. ob mittlerweile auch eine gesetzliche oder gewählte Vertretung in Frage käme. 

Eine Besonderheit bei dieser Vertretungsform ist die Möglichkeit, dass das Gericht in Ausnahmefällen einen Genehmigungsvorbehalt für einzelne Angelegenheiten beschließen kann. Aber nur, wenn sich die vertretene Person sonst durch ihr Handeln in diesem Bereich erheblichen Nachteil zufügen würde. Rechtsgeschäfte im Bereich des Genehmigungsvorbehalts sind nur mit Zustimmung des/der Vertreter*in gültig.

 

Die Erwachsenenvertreterverfügung

Die Möglichkeit, eine Erwachsenenvertreterverfügung zu errichten, schließt eine Lücke zwischen Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertretung.

Sie ermöglicht, bereits im Vorfeld eine eigene Entscheidung über eine Vertretung zu treffen für folgenden Fall:

Die Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person ist bereits gemindert, sodass die Errichtung einer Vorsorgevollmacht nicht mehr möglich ist.
Für eine gewählte Erwachsenenvertretung wäre zwar ausreichende Entscheidungsfähigkeit gegeben, aber eine Vertretung kommt noch gar nicht in Betracht, weil genug Unterstützung vorhanden ist. (Eine Vertretung, die nicht notwendig ist, ist auch nicht zulässig!)
Es besteht aber die Gefahr, dass zu einem späteren Zeitpunkt, an dem die Unterstützung nicht mehr ausreicht und eine Vertretung notwendig wird, auch die Entscheidungsfähigkeit so stark vermindert sein könnte, dass auch eine gewählte Erwachsenenvertretung dann nicht mehr möglich ist.

In einer solchen Situation kann die betroffene Person mit einer Erwachsenenvertreterverfügung trotz geminderter Entscheidungsfähigkeit festlegen, wer sie einmal in welchem Bereich vertreten soll, wenn es notwendig würde.

Geminderte Entscheidungsfähigkeit bedeutet wie bei der gewählten Erwachsenenvertretung, dass die Person in Grundzügen verstehen kann, was es bedeutet, vertreten zu werden und auch entsprechend deutlich erklären kann, welche Person sie zu ihrer Vertretung wünscht.

Es besteht auch die Möglichkeit einer sogenannten „negativen Erwachsenenvertreterverfügung“, bei der die betroffene Person festlegt, wer sie keinesfalls vertreten soll.

Die Erwachsenenvertreterverfügung ist ebenso wie eine Erwachsenenvertretung oder eine Vorsorgevollmacht zu ihrer Gültigkeit im ÖZVV einzutragen. In weiterer Folge wird die als gewünschte Vertretung festgelegte Person genauso betrachtet und behandelt wie nahe Angehörige (siehe gesetzliche Erwachsenenvertretung).

Im Falle der Einleitung eines gerichtlichen Bestellungsverfahrens ist eine in der Erwachsenenvertreterverfügung getroffene Wahl vom Gericht zu beachten. Die als Vertreter*in bezeichnete Person muss genauso wie die nahen Angehörigen von der Einleitung des Verfahrens verständigt werden und diese Personen haben das Recht, den Bestellungsbeschluss zu bekämpfen, wenn sie nicht einverstanden sind.

 

Übergangsbestimmungen

Alle bisherigen Sachwalterschaften wurden mit 1.7.2018 automatisch zu gerichtlichen Erwachsenenvertretungen. Im gesamten Wirkungsbereich dieser ehemaligen Sachwalterschaften bestand bis 30.6.2019 auch ohne gerichtliche Anordnung ein Genehmigungsvorbehalt. Das bedeutete, dass Handlungen der vertretenen Person im Wirkungsbereich dieser gerichtlichen Erwachsenenvertreter*innen rechtlich nur gültig waren, wenn eine Zustimmung des/der Vertreter*in vorlag. Seit 1.7.2019 gibt es auch für diese Erwachsenenvertretungen den Genehmigungsvorbehalt nur mehr auf Basis eines separaten Gerichtsbeschlusses.

Alle diese übergeleiteten gerichtlichen Erwachsenenvertretungen sollen bis spätestens 1.1.2024 vom Gericht oder dem Erwachsenenschutzverein kontaktiert werden, damit nach einem Clearing die Vertretung in die passende und erforderliche Vertretungsform umgewandelt werden kann. Ab der Umwandlung gelten die neuen Bestimmungen uneingeschränkt.

 

Der Erwachsenenschutzverein

Der für Oberösterreich zuständige Erwachsenenschutzverein ist der Verein VertretungsNetz. Unter seinem Dach sind Erwachsenenvertretung, Patientenanwaltschaft sowie Bewohnervertretung organisiert.

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Vermögensverwaltung

Grundsätze der Vermögensverwaltung

Unabhängig davon, um welche Vertretungsart es sich handelt, gilt:

Selbstverständlich ist nach wie vor Sinn und Nutzen einer Vertretung, die vertretene Person vor Schaden zu bewahren.

So kann Schaden dadurch entstehen, dass der betroffenen Person aufgrund ihrer Beeinträchtigung die notwendige Einsicht und der Überblick im Umgang mit ihren finanziellen Ressourcen fehlen.

Ein Schaden entstünde in diesem Fall, wenn die Kosten für existentielle Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Wohnen nicht mehr gedeckt werden können, weil sämtliche Mittel durch die betroffene Person anderweitig ausgegeben werden.

In solchen Fällen bedarf es einer Vertretung im Bereich der Verwaltung von Einkommen und Vermögen. Diese muss dafür sorgen, dass die Deckung der Kosten für die existentiellen Lebensbedürfnisse auf Dauer gewährleistet ist.

Einkommen und Vermögen, das darüber hinaus vorhanden ist, ist aber der vertretenen Person zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse und zur Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen.

Vordringliche Aufgabe der Vertreter*innen ist nämlich nicht die (weitere) Vermögensbildung. Sie sollen vielmehr in erster Linie dafür Sorge tragen, dass die vertretene Person ihre Bedürfnisse befriedigen kann, soweit es ihren persönlichen Lebensverhältnissen entspricht – also ausreichend Mittel vorhanden sind.

Entsprechend ist für die Vertreter*innen in diesem Bereich ausdrücklich als Pflicht gesetzlich vorgeschrieben, dass die dafür notwendigen Barmittel zur Verfügung zu stellen sind oder aber ein Zugriff auf ein Zahlungskonto zu gewähren ist.

Sinn dieser Vorschrift ist, für Vertreter*innen und Pflegschaftsgerichte Klarheit darüber zu schaffen, was der Grundsatz der größtmöglichen Selbstbestimmung für vertretene Personen im Bereich der Verwaltung ihres Vermögens bedeutet. – Die vertretene Person soll unter Bedachtnahme auf Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung auch in Bezug auf ihre eigenen finanziellen Mittel so selbständig wie möglich handeln können – eventuell unter Heranziehung einer geeigneten Unterstützung.

 

Aufgaben der Vertretung in Vermögensangelegenheiten

Zu Beginn der Vertretungstätigkeit muss sich der/die mit der Verwaltung von Einkommen und Vermögen betraute Vertreter*in zunächst einen Überblick verschaffen über die finanzielle Situation hinsichtlich des Einkommens, des Vermögens und der finanziellen Ansprüche der vertretenen Person.

In der Folge sind Banken, Versicherungen, Behörden, Pensionsstelle usw. schriftlich über die Aufnahme der Vertretungstätigkeit zu informieren. Diesem Informationsschreiben muss eine Kopie des Vertretungsnachweises beigelegt werden. Banken verlangen zusätzlich die Vorlage eines Lichtbildausweises.

Banken bieten in der Regel verschiedene Möglichkeiten an, wie trotz Stellvertretung der Zugriff zum eigenen Konto gesichert bleibt (z.B. eigene Kontokarte mit Zahlungs- und Behebungslimit, Subkonto, …).

Sind Bargeld und/oder Vermögenswerte der vertretenen Person zu veranlagen, ist darauf zu achten, dass die Veranlagung nach den Vorschriften der Mündelsicherheit erfolgt. Bei größeren Vermögenswerten empfiehlt sich eine Streuung der Anlageformen, um das Verlustrisiko zu minimieren.

Ist der/die Vertreter*in auch für die Verwaltung von Liegenschaften (Grundstücke, Häuser) zuständig, muss beim Grundbuchgericht eine entsprechende Anmerkung im Grundbuch veranlasst werden. Eine solche Veranlassung erfolgt bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung durch das Pflegschaftsgericht, alle anderen Vertreter*innen haben die Veranlassung selbst vorzunehmen.

Wohnhäuser im Besitz der vertretenen Person müssen zumindest gegen Feuer ausreichend versichert sein. Eine Auszahlung im Schadensfall erfolgt nur mit Genehmigung des Gerichts. Im Übrigen empfiehlt sich aber statt der reinen Feuerversicherung eine Gebäudeversicherung (Versicherungspaket) – auch für leerstehende Gebäude.

Ein Verkauf von Liegenschaften ist nur zum offenkundigen Vorteil der vertretenen Person oder im Notfall zulässig. Außerdem ist dafür eine gerichtliche Genehmigung einzuholen, da es sich dabei um eine sogenannte „Angelegenheit des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs“ handelt und der Verkehrswert durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen geschätzt werden muss.

Vertretungshandlungen des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs (z.B. Erwerb oder Veräußerung von Liegenschaften, Erheben einer Klage, unbedingte Erbantrittserklärung, …) erfordern allgemein eine Genehmigung durch das Gericht. 

Vorsorgebevollmächtigte können auch in Angelegenheiten des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs ohne gerichtliche Genehmigung tätig werden, soweit die Angelegenheit vom Wirkungsbereich der Vollmacht umfasst ist.

 

Gerichtliche Kontrolle – Pflegschaftsrechnung

Die gerichtliche Kontrolle im Bereich der Vermögensverwaltung erfolgt durch die Pflegschaftsrechnung. Erwachsenenvertreter*innen sind verpflichtet, am Ende des ersten Jahres ihrer Tätigkeit eine sogenannte Antrittsrechnung zu legen und dann in weiterer Folge eine laufende Rechnung, deren Zeitabstände vom Gericht festgelegt werden. Nach Beendigung der Vertretungstätigkeit ist eine Schlussrechnung vorzulegen.

Für die Bestätigung der Pflegschaftsrechnungen sowie für andere gerichtliche Genehmigungen für finanzielle Angelegenheiten ist eine gerichtliche Gebühr zu entrichten. Unterschreiten jedoch Einkommen und Vermögen der vertretenen Person eine bestimmte Summe, kann ein Antrag auf Befreiung von dieser Gebühr gestellt werden.

Eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle der Vermögensverwaltung ist für nahe Angehörige als Erwachsenenvertreter*innen vorgesehen. Die Verpflichtung anderer Vertreter*innen zur laufenden Rechnungslegung kann durch das Gericht eingeschränkt werden, soweit dadurch kein Nachteil für die vertretene Person zu befürchten ist.

 

Erleichterungen für nahe Angehörige

Eine gerichtliche Kontrolle der Vermögensverwaltung durch nahe Angehörige als Erwachsenenvertreter*innen erfolgt grundsätzlich nur dann, wenn eine unbewegliche Sache (Häuser, Grundstücke, Wohnungen) zum Vermögen gehört oder der Wert des Vermögens oder der Jahreseinkünfte 15 000 Euro wesentlich übersteigt. Wenn aber eine unmittelbare Gefahr für das Wohl der vertretenen Person droht, hat das Gericht auch die Verwaltung von nicht nennenswertem Vermögen in jedem Fall zu überwachen.

Als nahe Angehörige in diesem Sinn gelten Eltern und Großeltern, volljährige Kinder und Enkelkinder, Ehepartner*in/Lebensgefährt*in, Geschwister, Nichten und Neffen sowie eine in einer Erwachsenenverfügung zur Vertretung bezeichnete Personen.

ACHTUNG: Selbst wenn aber der/die Vertreter*in von der Rechnungslegung befreit ist, bleibt er/sie verpflichtet, Belege über die Verwaltung von nennenswertem Vermögen zu sammeln, sie bis zur Beendigung der Vermögensverwaltung aufzubewahren und dem Gericht den Erwerb unbeweglicher Sachen oder eine Überschreitung des Wertes von 15 000 Euro mitzuteilen.

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Gültigkeit von Rechtsgeschäften

Keine der zur Verfügung stehenden Vertretungsarten führt zu einem automatischen Verlust der Handlungsfähigkeit der vertretenen Person.

Vielmehr kommt es bei volljährigen Personen ausschließlich darauf an, ob sie im Rechtsverkehr die erforderliche Geschäftsfähigkeit aufweisen.

 

Geschäftsfähig ist eine volljährige Person dann,

- wenn sie entscheidungsfähig ist und
- das Gericht keinen Genehmigungsvorbehalt ausgesprochen hat.

Entscheidungsfähigkeit bezogen auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft ist dann gegeben, wenn die vertretene Person

- versteht, dass sie das Geschäft abschließen oder es bleiben lassen kann, und auch, was das jeweils für sie bedeutet,
- diesem Verständnis gemäß ihren Willen bilden kann
- und entsprechend handeln kann.

Bei volljährigen Personen wird im Zweifel vermutet, dass sie entscheidungsfähig sind. Wer behauptet, dass die Entscheidungsfähigkeit in einer konkreten Situation gefehlt hat, muss das im Einzelfall beweisen.

Ein Genehmigungsvorbehalt kann ausschließlich in Ausnahmefällen und nur bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung mit Gerichtsbeschluss ausgesprochen werden. Und zwar dann, wenn aufgrund des Verhaltens der vertretenen Person Grund zur Annahme besteht, dass es für die Person durch den eigenständigen Abschluss bestimmter Arten von Rechtsgeschäften zu erheblichem Schaden kommen würde. Der Genehmigungsvorbehalt hat sich in einem solchen Fall auf die konkrete Art des Rechtsgeschäfts zu beschränken und bedeutet in der Folge, dass zum rechtsgültigen Abschluss eines solchen Geschäfts die Zustimmung des/der gerichtlichen Erwachsenenvertreter/in erforderlich ist.

 

Allgemeines zur Gültigkeit von Rechtsgeschäften:

Wenn eine vertretene oder eine nicht vertretene Person in Bezug auf ein selbst abgeschlossenes Rechtsgeschäft geschäftsfähig war (volljährig und entscheidungsfähig und kein Genehmigungsvorbehalt), dann ist dieses Rechtsgeschäft gültig.

War eine vertretene Person in Bezug auf ein selbst abgeschlossenes Rechtsgeschäft nicht geschäftsfähig (nicht volljährig oder beweisbar nicht entscheidungsfähig oder Genehmigungsvorbehalt), dann ist dieses Rechtsgeschäft zunächst ungültig, kann aber im Nachhinein gültig werden bei nachträglicher Genehmigung durch den/die Vertreter/in.

War eine nicht vertretene Person in Bezug auf ein selbst abgeschlossenes Rechtsgeschäft nicht geschäftsfähig, so ist das Rechtsgeschäft ungültig. Das Gericht entscheidet im Einzelfall über das Vorliegen der Entscheidungs- bzw. Geschäftsfähigkeit.

Sogenannte „Alltagsgeschäfte“ von nicht entscheidungsfähigen Personen werden mit der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Rechtsgeschäft durch die nicht entscheidungsfähige Person (z.B. durch die Zahlung des Kaufpreises) gültig.

Im alten Sachwalterrecht galt diese Regelung für alle Personen, die im Bereich der Vermögensverwaltung unter Sachwalterschaft standen. Diese waren ja (trotz einer möglicherweise vorliegenden Entscheidungsfähigkeit) durch die Sachwalterschaft automatisch nicht geschäftsfähig. Dabei galten als „Alltagsgeschäfte“ aber nur sogenannte „geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens“ (z.B. der Kauf von Zahnpasta, einer Tasse Kaffee oder einer Tafel Schokolade und dergleichen).

Die neue Regelung gilt nun für alle (auch für nicht vertretene) nicht entscheidungsfähige volljährige Personen, und zwar deutlich weiter gefasst, nämlich für „alle Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, die die Lebensverhältnisse der betroffenen Person nicht übersteigen“. Das kann durchaus auch der Kauf einer guten Winterjacke oder eines neuen TV-Geräts sein, sofern die betroffene Person hinreichendes Vermögen besitzt und den Kaufpreis bezahlt.

Eine Ausnahme bilden aber auch hier Rechtsgeschäfte unter Genehmigungsvorbehalt: diese sind zunächst ungültig, können aber nachträglich durch Genehmigung des/der Vertreter/in gültig werden.

 

Praktische Beispiele

Im Folgenden werden die oben beschriebenen Grundsätze über die Gültigkeit von Rechtsgeschäften anhand zweier Beispiele erklärt:

 

Beispiel 1 – Kauf einer Winterjacke

Eine volljährige Person (P), die im Bereich Vermögensverwaltung eine gerichtliche Erwachsenenvertreterin hat, ist gemeinsam mit einer Begleiterin in der Stadt unterwegs. Sie sieht in einem Geschäft eine Winterjacke, die ihr sehr gefällt. Diese Winterjacke ist nicht ganz billig. P könnte sich die Jacke grundsätzlich leisten. Allerdings ginge sich dann der für den nächsten Tag geplante Ausflug finanziell in dieser Woche nicht mehr aus.

P versteht, eventuell mit Unterstützung durch die Begleiterin, dass sie die Jacke kaufen oder es bleiben lassen kann. (Situation verstehen)

P versteht auch, dass wenn sie die Jacke kauft, diese dann ihr gehört und sie die Jacke mit nach Hause nehmen darf, dafür aber am nächsten Tag nicht beim Ausflug mitmachen kann. Oder aber, dass wenn sie die Jacke nicht kauft, diese dann im Geschäft verbleiben muss, dafür aber kann sie beim Ausflug mitmachen. P hat also verstanden, dass die Erfüllung beider Wünsche – der Kauf der Jacke UND die Teilnahme am Ausflug – nicht möglich ist. (Folgen verstehen)

P möchte lieber die Jacke mit nach Hause nehmen als am Ausflug teilnehmen (Willen bilden) und bringt das gegenüber der Begleiterin deutlich zum Ausdruck (danach handeln).

Wenn P nun – eventuell mit Unterstützung durch die Begleiterin – die Jacke kauft, war sie bei diesem Rechtsgeschäft entscheidungsfähig. Liegt auch kein Genehmigungsvorbehalt für den Kauf von Jacken vor, war P beim Kauf der Jacke auch geschäftsfähig. Damit ist der Kauf ein gültiges Rechtsgeschäft. Es ist dazu keine Zustimmung durch ihre Vertreterin notwendig.

Ein Genehmigungsvorbehalt für den Kauf von Jacken hätte nur dann Berechtigung, wenn P auch schon in der Vergangenheit – einem krankheitswertigen Zwang folgend – bei jeder sich bietenden Gelegenheit Jacken gekauft und sich darüber immer weiter verschuldet hätte.

Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit könnten hier etwa dahin gehend vorliegen, dass nicht mit letzter Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass P wirklich bewusst war, dass sie am nächsten Tag nicht beim Ausflug teilnehmen kann, wenn sie die Jacke kauft. Solange aber einiges darauf hindeutet, dass sie es verstanden hat, ist – im Zweifel – davon auszugehen, dass P entscheidungsfähig war.

Würde etwa die Vertreterin nun beweisen wollen, dass keine Entscheidungsfähigkeit bei P vorlag, weil sie nicht will, dass P schon wieder eine Jacke kauft, dürfte sich das in diesem Fall schwierig gestalten. Alleine das Argument, dass P ja eh schon drei Winterjacken besitzt und der Kauf daher unnötig und objektiv unvernünftig sei, ist kein Grund, das Fehlen von Entscheidungsfähigkeit anzunehmen.

Im Übrigen wäre in diesem Fall selbst dann, wenn die Entscheidungsfähigkeit gefehlt hätte, der Kauf der Jacke ein gültiges Rechtsgeschäft (wenn kein Genehmigungsvorbehalt vorliegt). Es handelt sich dabei nämlich um ein Alltagsgeschäft, das auch bei fehlender Entscheidungsfähigkeit ohne Zustimmung der Vertreterin gültig ist, sobald P den Kaufpreis für die Jacke bezahlt hat. Die Jacke ist ja wie beschrieben für P leistbar und daher ihr Kauf ein Rechtsgeschäft des täglichen Lebens, das die Lebensverhältnisse von P nicht übersteigt.

Wenn also nicht eine krankheitswertige Kaufsucht besteht, die einen Genehmigungsvorbehalt rechtfertigt und ein solcher auch beschlossen wurde, ist in unserem Fall der Kauf der Jacke durch P jedenfalls ein gültiges Rechtsgeschäft.

 

Beispiel 2 – Kauf eines PKW

Ein volljähriger Mann (M), dessen Vater als naher Angehöriger im Bereich Vermögensverwaltung als sein gesetzlicher Erwachsenenvertreter im ÖZVV eingetragen ist, hat eine besondere Vorliebe für Autos. Er besitzt aber keinen Führerschein. Seine finanziellen Verhältnisse sind bescheiden, er verfügt über kein nennenswertes Vermögen und nur geringe Einkünfte aus integrativer Beschäftigung und Mindestsicherung. Eines Tages lässt er sich dazu hinreißen, bei einem Autohändler einen Kaufvertrag für ein Auto, das aber erst später lieferbar sein würde, zu unterschreiben.

Als sein Vater davon erfährt, versucht er, den Händler davon zu überzeugen, dass der Vertragsabschluss durch seinen Sohn ungültig sei. Er sei schließlich der Erwachsenenvertreter seines Sohnes und habe dem Vertragsabschluss nicht zugestimmt.

Der Händler weiß aber, dass – anders als im alten Sachwalterrecht – eine Erwachsenenvertretung nicht in jedem Fall dazu führt, dass ein Vertragsabschluss ohne Zustimmung des Vertreters rechtsungültig ist. Er ist überzeugt davon, dass M beim Vertragsabschluss entscheidungsfähig war. Außerdem ist ihm bekannt, dass in diesem Fall kein Genehmigungsvorbehalt bestehen kann, weil es einen solchen nur bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung geben kann, nicht aber bei der gesetzlichen. Daher geht er davon aus, dass M bei Vertragsabschluss auch geschäftsfähig war.

Also besteht nur die Möglichkeit, vom Gericht eine Entscheidung über die Gültigkeit des Vertrags zu erwirken. Dazu muss der Vater den Beweis erbringen, dass sein Sohn bei Abschluss des Kaufvertrags eben nicht die erforderliche Entscheidungsfähigkeit hatte, um als geschäftsfähig zu gelten.

In diesem Fall würde die fehlende Entscheidungsfähigkeit tatsächlich zur Unwirksamkeit des Vertrags führen, weil es sich beim Autokauf unter den genannten finanziellen Verhältnissen des Sohnes nicht um ein „Alltagsgeschäft“ handeln kann.

Vor Gericht bringt der Vater jene Auswirkungen der Beeinträchtigung seines Sohnes, die eine Vertretung notwendig machen, vor. Dann stellt er dessen finanzielle Situation dar und weist darauf hin, dass sein Sohn nicht einmal einen Führerschein besitze und wegen seiner Beeinträchtigung auch niemals einen erlangen werde. Schließlich stellt er die Frage, worin denn ein möglicher Nutzen eines PKW für seinen Sohn bestehen sollte im Vergleich zum Schaden, der dadurch entstehe, dass der PKW für seinen Sohn schlicht nicht leistbar sei. Es sei auszuschließen, dass sein Sohn bei Abschluss des Vertrags verstanden habe, welche Folgen die Unterzeichnung des Vertrags für ihn haben werde, zumal ihm das Fahrzeug auch gar nicht sofort übergeben wurde. Aus diesem Grund sei Entscheidungsfähigkeit nicht vorgelegen.

Der Händler begründet seine Annahme, dass M entscheidungsfähig war, damit, dass M eine Menge über Autos gewusst habe, vom fraglichen PKW völlig fasziniert gewesen sei und sich im Verkaufsgespräch sehr interessiert gezeigt habe. Er habe auch nicht gewusst, dass M gar keinen Führerschein besitzt oder erlangen kann. Darum habe er keine Zweifel gehabt, dass der Vertrag gültig zustande gekommen sei. Er muss aber einräumen, dass nicht darüber gesprochen wurde, wie M das Fahrzeug finanzieren wollte.

Zwei Möglichkeiten zur Entscheidung durch das Gericht:

Wenn es das Gericht im Zuge der Verhandlung als erwiesen ansieht, dass M die Folgen des Vertragsabschlusses nicht verstanden hat und damit bei ihm keine Entscheidungsfähigkeit (und daher auch keine Geschäftsfähigkeit) vorgelegen haben, dann ist der Vertrag ungültig.

Hat das Gericht aber lediglich Zweifel, ob M entscheidungsfähig war, muss die sogenannte „gesetzliche Vermutung“ gelten, dass bei volljährigen Personen im Zweifel Entscheidungsfähigkeit anzunehmen ist. Dann ist der Vertrag gültig zustande gekommen.

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Medizinische Behandlung

Medizinische Behandlungen dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur vorgenommen werden, wenn eine gültige Einwilligung zur Behandlung vorliegt. Dabei gilt der Grundsatz, dass die betroffene Person möglichst umfassend in die Behandlungsentscheidung einzubinden ist.

Eine entscheidungsfähige Person stimmt einer medizinischen Behandlung selbstverständlich selbst zu. 

Bei Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit besteht im Einzelfall die Verpflichtung für das ärztliche Personal, Personen aus dem Umfeld der betroffenen Person hinzuzuziehen, um mit deren Unterstützung bei der Kommunikation Entscheidungsfähigkeit des/der Patient*in herbeizuführen.

Kann mit dieser Unterstützung Entscheidungsfähigkeit erlangt werden, dann muss die betroffene Person der Behandlung selbst zustimmen. Ob ausreichend Entscheidungsfähigkeit vorliegt, entscheidet das ärtzliche Personal. Im Zweifel haben die Annahmen zu gelten, dass bei volljährigen Personen vom Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit auszugehen ist und dass eine medizinisch indizierte Behandlung von der betroffenen Person gewünscht wird.

Kann selbst mit Unterstützung keine ausreichende Entscheidungsfähigkeit erlangt werden und liegt aber eine verbindliche Patientenverfügung bzw. das aktuelle Ergebnis eines Vorsorgedialogs als schriftliche Willensäußerung der betroffenen Person vor, so ist diese heranzuziehen. Eine Vertretung bei der Einwilligung in die Behandlung ist in einem solchen Fall ausgeschlossen.

Erst wenn weder Entscheidungsfähigkeit noch eine entsprechende schriftliche Willensäußerung vorliegen, kommt eine Vertretung bei der Einwilligung in eine medizinische Behandlung in Betracht. Besteht (noch) keine Vertretung in diesem Wirkungsbereich, muss dafür Sorge getragen werden, dass entweder das Gericht selbst entscheidet oder aber rasch eine Erwachsenenvertretung für diesen Bereich errichtet wird. 

Auch bei fehlender Entscheidungsfähigkeit ist die betroffene Person so gut als möglich über die bevorstehende Behandlung aufzuklären. Das ist Aufgabe des ärztlichen Personals, gegebenenfalls mit Unterstützung bei der Kommunikation.

Kommt es erkennbar zu Uneinigkeit zwischen Erwachsenenvertreter*in und vertretener Person über die Einwilligung, so hat das Gericht zu entscheiden. Allerdings ist grundsätzlich die Vornahme einer Behandlung unter Überwindung körperlichen Widerstandes unzulässig. In einem solchen Fall könnte nur mit Einweisung in die Psychiatrie und unter den engen Voraussetzungen des Unterbringungsgesetzes behandelt werden.

Wenn aber Gefahr in Verzug besteht, dann muss ohne Berücksichtigung einer Einwilligung oder eingehenden Aufklärung die Behandlung soweit vorgenommen werden, bis die Gefahr abgewendet ist. Für weitergehende Behandlungsschritte ist dann wieder die übliche Vorgehensweise einzuhalten. Gefahr in Verzug liegt vor, wenn es durch eine Verzögerung der Behandlung zum Tod, zu schweren Schädigungen der Gesundheit oder zu starken Schmerzen kommen würde. Ob eine solche Gefahr in Verzug vorliegt, hat das ärztliche Personal zu entscheiden.

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